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Während ich in Visp Halt mache, will ich natürlich auch einen Teil des lokalen Postauto-Netzwerkes erkunden. Ich entscheide mich für einen Tagestrip ins Saastal zum wunderschönen Mattmark-Stausee und lasse mich auf der Rückfahrt über eine spannende Route zur über 2’000 Meter hoch gelegenen Moosalp kutschieren – natürlich alles per Postauto!
18: Mattmark-Stausee, Saastal und Moosalp
Fahrt-Logbuch:
Linie | Von | Nach | Bus | BJ | Halter | Zeit | KM |
511 | Visp, Bahnhof | Saas-Grund, Post | Irisbus Crossway 12m | 2010 | Regie | 0:36 | 24,0 |
513 | Saas-Grund, Post | Mattmark | Setra S315NF | 2004 | Regie | 0:24 | 11,0 |
513 | Mattmark | Saas-Almagell, Post | Setra S315NF | 2004 | Regie | 0:21 | 7,0 |
513 | Saas-Almagell, Post | Saas-Grund, Post | Setra S313UL | 2003 | Regie | 0:05 | 4,0 |
511 | Saas-Grund, Post | Stalden-Saas, Bahnhof | Irisbus Crossway 12m | 2011 | Regie | 0:22 | 16,0 |
518 | Stalden-Saas, Bahnhof | Moosalp | Irisbus Crossway 10.6m | 2010 | Moosalp Tours, Stalden | 0:47 | 15,3 |
518 | Moosalp | Törbel, Furen | Irisbus Crossway 10.6m | 2010 | Moosalp Tours, Stalden | 0:21 | 7,0 |
518 | Törbel, Furen | Stalden-Saas, Bahnhof | Irisbus Crossway 10.6m | 2010 | Moosalp Tours, Stalden | 0:27 | 10,0 |
English Summary:
While staying in Visp, it’s only logical that I want to make use of its own PostBus network sprawling into the nearby valleys before I head onwards. Therefore I embark on a trip along the Saas Valley, which doesn’t start out too scenic (maybe because it’s 7AM and I’m everything but a morning person) but then progressively gets more worthwhile. At the very end of the valley I reach Mattmark lake, which is retained by Switzerland’s largest earth dam. The lake and its surroundings prove to be quite lovely – so lovely in fact that I almost miss my return bus an hour later.
Instead of riding the bus all the way back to Visp I get off a bit early. There, another PostBus is already waiting to take me up the steep slopes of the valley, past the cute mountain town of Törbel to an alpine pasture called Moosalp – residing at impressive 2048 meters above sea level. Unexpectedly, this journey proves to be a totally adventurous ride along steep, narrow and very exposed stretches of mountain road. Reaching Moosalp, the setting is peaceful and the views are fantastic – but even this picturesque environment can’t keep me off the busses for too long: I’m already looking forward to the thrilling ride back down! 🙂
Nach meiner langen Wanderzeit zwischen Sierre und Visp ist es Zeit, nun das Postauto-Fahrzeit-Konto wieder etwas aufzubessern. Und so schustere ich mir vor meiner Weiterfahrt erst eine kleine Tour ab Visp zusammen, um die hiesigen Postauto-Routen zu erkunden. Ziel ist das Saas-Tal – genauer gesagt der Stausee Mattmark an dessen hinterstem Ende.
Zwischen Visp und Saas fahren die Postautos alle halbe Stunde, so beliebt ist diese Route. Dafür ist sie nicht überaus sehenswert – für Walliser Verhältnisse zumindest. Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass Abfahrten um 07.06 Uhr nicht so wirklich meinem Biorhythmus entsprechen, und schon etwas Wahnsinniges vor den Busfenstern passieren muss, um mich aus der morgendlichen Lethargie zu reissen. Stattdessen ist alles, was ich sehe, ein durch und durch schattiges Tal, dessen Durchquerung mit gleichbleibenden 80 km/h die Strasse mit unzähligen Tunnels und Galerien bewerkstelligt. Nicht so wirklich fotogen, dafür kann ich mich ohne schlechtes Gewissen den zwei Gipfeli aus dem Bahnhofs-Coop von Visp widmen.
Nach 36 Minuten Fahrzeit setzt mich mein Irisbus Crossway der Regie in Saas-Grund ab. Ich habe ein paar Minuten Zeit, mich umzuschauen, doch kehre bald ohne nennenswerte gewonnene Eindrücke zum beschaulichen, von der übergrossen Kirche dominierten Dorfplatz an der Durchgangsstrasse zurück. Dort kreuzt dann bald mein nächstes Postauto auf, welches mich bis zum Mattmark-Stausee emporbringen wird: Ein Setra S315NF mit Jahrgang 2004. Mit dem Niederflur-Bus auf die Bergstrecke, wieso auch nicht.
Bevor es aber in die Berge geht, durchqueren wir den Saaser Gemeindeteil Almagell, welcher seinen Broterwerb als winterliches Skiresort nur schlecht verbergen kann. Nunja, aber wer mit Pirmin, Heidi und Silvan Zurbriggen eine ganze Skirennfahrer-Dynastie hervorgebracht hat, der darf wohl auch ganz auf die Karte Schneesport setzen. Die Hauptstrasse ist gesäumt von den typischen Schweizer Ski-Hotel-Blöcken, die mit ihrem kantigen und etwas verlebten Aussehen etwa dem entsprechen, was man in den Sechziger-Jahren als charmanten Bau im entfernten Chaletstil empfunden haben muss. Unterbrochen wird die wüste Hotelreihe nur noch von den üblichen zwei Dutzend Sportgeschäften, die nun im Sommer – wie das ganze Dorf – ein Schattendasein fristen.
Hinter Almagell wird die Strecke aber schnell sehenswerter. Das Tal verengt sich, links und rechts sind die steilen Wände zum Greifen nah. Besonders eindrücklich sind die zahlreichen Wasserfälle, welche hier nahezu ungestört im 100-Meter-Abstand über die kargen Felsen zu Tal donnern – nur leider noch immer ohne Sonne, frühes Aufstehen hat halt wirklich nur Nachteile!
Dann deutet eine wie zufällig hingeworfene Ansammlung von Haarnadel-Kurven unsere Ankunft am Ende des Tales an. Gekonnt bugsiert der Busfahrer seinen Setra um jede einzelne von ihnen, bis wir schliesslich der riesigen Mauer des Mattmark-Staudammes entlang die letzten Höhenmeter erklimmen. Bei Höhenmeter 2180 (und damit stattliche 1500 Meter über dem Ausgangsort Visp) ist das Ziel erreicht: Der Setra wird vor dem fast etwas zu hochwertig ausgebauten Restaurantkomplex am Ende der Staumauer parkiert, nur noch wenige Schritte sind es zum See.
Bis das nächste Postauto wieder ins Tal fährt bleibt mir eine Stunde, und diese nutze ich, um etwas um den Mattmarksee herumzuspazieren. Die hier aufgestaute Saaser Vispa erstreckt sich nun über eine Länge von 3,2 Kilometern als See, bis zu 100 Millionen Kubikmeter Wasser lagern hier. Die zwischen 1960 und 1965 erbaute Staumauer alleine ist 120 Meter hoch, und 780 Meter lang (das sollte ich noch zu spüren bekommen). Sie ist die höchstgelegene Erdstaumauer Europas, hält aber noch einen weiteren weniger erfreulichen Rekord: kein anderer Schweizer Staudamm forderte bei seinem Bau mehr Todesopfer. Alleine 88 Bauarbeiter liessen ihr Leben, weil ihre Unterkunftsbaracken unvorsichtigerweise direkt unterhalb der Zunge des Allalingletschers platziert wurden. Man ahnt es, irgendwann brach der Gletscher ab und sauste in einer riesigen Lawine aus Geröll und Eis über die machtlosen Arbeiter hinweg. Ungleich schöner ist dafür die heutige Aussicht vom Rand des Sees: Mehrere Viertausender rahmen ihn ein, ihre schneebedeckten Gipfel wachen über ihn.
Das Panorama ist so schön, dass ich total die Zeit vergesse, und nur mit Müh’ und Not sowie einem ermüdenden Spurt quer über den (wie gesagt verdammt langen) Damm noch meinen Bus erreiche. Puh, und das so früh am Morgen!
Nachdem ich keuchend und mit Seitenstechen beim Bus eintreffe, bleibt die Rückfahrt ansonsten ereignislos – bis auf die zwei Ostschweizer Damen, die sich beim Chauffeur beklagen, dass sie während ihres einstündigen Aufenthaltes hier oben keine Steinböcke gesehen hätten. Jener wiederum findet, sie seien selbst schuld und hätten länger vor Ort bleiben müssen. Und sowieso verleite die Saaser Tageskarte, welche sie offenbar bei ihm gelöst haben, mit der gebotenen Freien Fahrt auf dem gesamten Netz zu viel zu viel Stress, weil man möglichst alles an einem Tag erledigen wolle. Die Karte gehöre der Erholung der Touristen zuliebe wieder abgeschafft, findet er weiter. Das Argument der beiden Damen, dass sie ohne Tagespass gar nicht hier wären und das Postauto doch sicher auch von diesen Gästen profitiere lässt er unkommentiert, indem er vortäuscht, dass eine weitere Haarnadel-Kurve seine volle Aufmerksamkeit erfordert.
In Almagell heisst es dann umsteigen, denn unser Fahrer hat eine Pause im Plan stehen – und dass er auf sämtliche Umstände, die Stress oder Arbeit bedeuten könnten nicht gut zu sprechen ist, wurde ja bereits geklärt. Diese Einstellung drückt auch durch, als er sich mehrmals bei der Leitstelle versichert ob der Kollege mit dessen Bus, der ihn ablösen wird, bereits die Leerfahrt nach Almagell hinter sich gebracht hat (hoffentlich nicht den ganzen Weg aus Visp!). Hat er, sein Setra S313UL steht schon bereit, um mich und die zwei Damen noch fünf Minuten weiter nach Saas-Grund ans Ende der Route zu transportieren. Eine sehr ökologische Lösung – aber die Pause um fünf Minuten zu verschieben, um uns zuvor ohne Umsteigen direkt in Saas-Grund abzuliefern, scheint aus irgendwelchen bürokratischen Gründen ein Ding der Unmöglichkeit gewesen zu sein.
In Saas-Grund angekommen, wechsle ich abermals das Postauto und hüpfe zurück auf die Hauptlinie in Richtung Visp, welche nun, da das Tal etwas Sonne geniesst, wenigstens ein Kleinwenig sehenswerter geworden ist. Auch dies liegt aber hauptsächlich an der Aussicht auf die schneebedeckten Gipfel in der Ferne – mit dem Saas-Tal selbst werde ich einfach noch immer nicht warm.
Glücklicherweise führt aber meine Reise nicht ganz bis nach Visp, stattdessen steige ich in Stalden-Saas bereits um. Am dortigen Bahnhof steht schon mein nächstes Postauto bereit: ein verkürzter Crossway des Subunternehmers Moosalp Tours: im Sommer fährt er dreimal täglich in ein Dorf namens Törbel, und auf ebenjene namensgebende Erhebung, die Moosalp. Dass dies irgendwen hinter dem Ofen hervorlocken möge konnte ich mir nicht vorstellen, und erwartete daher eine gewohnt einsame Fahrt. Doch weit gefehlt! Im bereitstehenden Postauto sitzen bereits zwei Wandergruppen der Altersklasse “zwischen Pension und scheintot”, fuchteln begeistert mit ihren Walking-Stöcken umher und gackern in allen Deutschschweizer Dialekten fröhlich vor sich hin. Mit meinem angestrebten, aussichtsreichen Platz neben dem Fahrer ist’s Essig, stattdessen muss ich mich weit hinten irgendwo zwischen Frieda und Else mit viel Enkelkind-Charme an ein Fenster zwängen.
Das ist jammerschade, denn die Fahrt ist extrem – und unerwartet – sehenswert. Das Saas-Tal mit seiner Quasi-Autobahn lassen wir in unzähligen steilen und schmalen Haarnadeln unter uns, während wir auf einer schmalen Bergstrasse seine schroffe westliche Flanke erklimmen. Bald schon reicht unsere Aussicht über das gesamte Tal hinweg bis in die umliegende Bergwelt. Für kurze Zeit verläuft die Strasse gar direkt an der Felskante entlang, mit spektakulär tiefen Ausblicken aus dem Fenster – Elsa und Frieda glucksen derweil mit einer Mischung aus heller Begeisterung und leichter Panik.
Auch das auf halbem Weg passierte Dorf Törbel mit seinem erhöht gelegenen Aussenposten Bina entpuppt sich als ganz schön idyllisch – zahlreiche aus typischem dunklem Holz gezimmerte Knusperhäuschen und Viehställe zeigen sich von ihrer besten Seite.
Die Strasse wird nach Passieren des Dorfes und seiner Weiler noch schmaler und führt über Alpwiesen und Blumenbeete weiter in die Höhe. Nahezu schwarze Kühe, wohl wieder von meiner heiss geliebten Eringer Kampfrasse, markieren schliesslich unsere Ankunft auf der auf 2048 Metern über Meer gelegenen Moosalp – 1200 Meter über dem Talgrund. Hier geniesst man einen fantastischen Ausblick auf die Bergwelt rundherum, derweil die Nase mit den Ausdünstungen eines riesengrossen Viehstalles kämpft.
Hier oben auf der Moosalp, die einer gutbesuchten Passhöhe gleicht, steht auch schon der Bus bereit, welcher direkt nach Visp fährt und es mir erlaubt, die Moosalp zu einer Rundtour auszubauen. Das wäre zumindest der Plan gewesen. Doch ein kurzer Blick auf die Google-Karte bestätigt: die direkte Talfahrt nach Visp verläuft fast ausschliesslich im Wald drin und ist bei weitem nicht so sehenswert wie der eben zurückgelegte Weg via Törbel. Für diesen hätte ich dagegen nun eine ungetrübte Chance auf einen Logenplatz vorne an der grossen Windschutzscheibe, denn die Rentnerschaar hat sich, aufgeregt über Kühe plappernd, ins nächste Restaurant verzogen und ich hätte den Bus ganz für mich alleine. So entscheide ich mich zu einer Planänderung, steige wieder in den gleichen Crossway ein, und lasse mich – diesmal tatsächlich ohne weitere Gäste an Bord und daher in vollkommener Ruhe und mit freister Platzwahl – wieder via Törbel ins Tal chauffieren. Eine gute Entscheidung!
Die Eindrücke der Talfahrt gibt’s nachfolgend ohne grösseren Textschwall. Ist ja eigentlich alles gesagt, die Landschaft spricht eh für sich – und wenn ich schon von vollkommener Ruhe schwafle, will ich diese gern auch bieten!
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